TAZ
07. Januar 2010


Die umzingelte Regierung

von Otfried Nassauer

Gelernt ist gelernt. Das demonstriert Airbus-Chef Thomas Enders dieser Tage. Enders ist gelernter Fallschirmjäger. Zu den Spezialitäten dieser Truppe gehört der Einsatz hinter feindlichen Linien. Der Feind ist die Bundesregierung - jedenfalls bei der Frage: Wer trägt die Mehrkosten für das Transport-flugzeug A400M? Im Rücken der Regierung gelandet, droht Enders, das Vorhaben einzustellen. Jedenfalls wenn seine Kunden nicht viele Milliarden mehr zahlen als vertraglich vereinbart.

Steht der Feind erst einmal im Rücken, droht eine vernichtende Niederlage durch Umzingelung. Das ist die Gefahr, die der Bundesregierung droht. Ihre Position hat weiche Flanken. Auf der einen steht Partner Frankreich. Präsident Sarkozy befürwortet den A400M, koste der, was er wolle. Frankreich ist schließlich Airbus-Miteigentümer. Auf der anderen Flanke steht die Bundeswehr. Im Blick auf Aus-landseinsätze von NATO und EU lautet deren Credo: "Wir müssen mitmachen, um mitentscheiden zu können." Mitmachen aber kann nur, wer Truppen verlegen und deren Nachschub sichern kann. Ohne Transportflugzeuge geht das schwerlich.

Potentielle Rückzugslinien wurden früh zugestellt. Flugzeuge vom Typ Herkules in den USA kaufen? Zu klein und zu schwach, zudem drohe strategische Abhängigkeit. Auf die wiederbelebte russisch-ukrainische AN70 zurückgreifen, die schon bei der Bestellung des A400M vor Jahren als wirtschaft-lichere und leistungsfähigere Alternative galt? Igitt - schon wieder eine ungewollte Abhängigkeit - und wer weiß wie es in 30 Jahren mit der Ersatzteilversorgung aussieht.

Wer so argumentiert, will gar keine Alternativen. Und hat demnach auch keine. Er ist erpressbar. Was also bleibt? Industriepolitik mit Steuergeldern. Der A400M kommt. Vielleicht Jahre später. Wohl leistungsschwächer als versprochen. Und sicher viel, viel teurer als heute diskutiert.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS