TAZ
08. Februar 2006


Weckruf im Schlafzimmer

von Susanne Härpfer

Rauchmelder mit Alarmfunktion sollen die abgeschafften Sirenen ersetzen. Auf diese Weise will die Feuerwehr schlafende Bewohner bei Katastrophen warnen.

Wenn in deutschen Schlafzimmern in Zukunft Katastrophenalarm gegeben wird, dann liegt das nicht am desolaten Liebesleben, sondern an der Feuerwehr. Der Deutschen Feuerwehrverband will, dass Rauchmelder künftig nicht nur vor Feuer warnen, sondern Bewohner im Katastrophenfall auch wecken. "Seitdem es kaum noch Sirenen gibt, können wir die Bevölkerung nicht mehr verlässlich warnen", kritisierte der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger, auf einer Veranstaltung der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin.

Deshalb sollten künftig Rauchmelder mit einem Funkchip ausgestattet werden. Wann immer Chlorgaswolken, Terroristen, Flutwellen oder Ähnliches drohen, soll der Rauchmelder per Langwelle auf 77,5 Kiloherz anfangen, durchdringend zu piepsen. Denn die Feuerwehren fürchten, einmal nachts von einer Katastrophe überrascht zu werden. "Beim Hochwasser in Bayern hatten wir genügend Vorwarnzeit", erklärt Albrecht Broemme, Vizepräsident des deutschen Feuerwehrverbands. "Darauf können wir uns aber nicht verlassen. Wird eine Region nachts von einer Flutwelle oder einem Terroranschlag überrascht, können wir die Menschen nicht warnen, denn Warnungen im Rundfunk hört nur, wer wach ist", weiß Broemme. Deshalb wollen er und Unger den weckenden Rauchmelder für alle. Zumal Rauchmelder sowieso Leben retten. Jeder zweite Brandtote könnte noch leben, hätte er einen Rauchmelder gehabt, erläutert Broemme. Unterstützt werden sie dabei vom Bundesinnenministerium. Aber: Für eine Änderung der Bauordnungen der Länder sind deren Bauministerien zuständig. Auch die Innenministerien können ihren "Kollegen vom Bau" nur Empfehlungen geben, auf die Umsetzung haben sie keinen Einfluss. Nur die Ministerpräsidenten könnten ihren Ministern entsprechende Weisungen erteilen. Also kann es dauern, denn bislang sträubt sich das Bundesbauministerium dagegen, in der Bundes-Musterbauordnung auch nur die bislang handelsüblichen Rauchmelder zwingend vorzuschreiben. Dort setzt man auf Deregulierung. Normale Rauchmelder sind nur in Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Schleswig-Holstein Vorschrift. Anfang dieses Jahres hat allerdings Nordrhein-Westfalen die Konsequenzen gezogen aus einer Brandkatastrophe, bei der fünf Menschen an Rauchvergiftung starben. Seitdem hat das Innenministerium Rauchmelder zur Pflicht erklärt.


 

Susanne Härpfer ist freie Fernsehjournalistin.