Eurofighter kann in der Schweiz nicht landen
Otfried Nassauer
Ein Schweizer Taschenmesser in Blau mit drei gelben Schwedenkronen. Ein
Elch mit Kuhglocke oder ein Wikingerhelm mit Appenzeller Ornamenten,
dazu der Spruch: „Schweiz und Schweden – eine logische
Partnerschaft“: Der schwedische Rüstungskonzern Saab hat
sich etwas einfallen lassen, um in Schweizer Tageszeitungen für
sein Kampfflugzeug Gripen zu werben. Das könnte sich gelohnt
haben. Die Schweizer Regierung und ihre Beschaffungsbehörde
Armasuisse wollen 22 Jets bestellen. Der Auftrag hat einen Wert von
mehr als 3 Milliarden Franken. Ausgestochen haben die Skandinavier
damit sowohl die französische Rafale als vor allem auch den unter
Führung Deutschlands angebotenen Eurofighter.
Das Modell Gripen ist das kleinste und kostengünstigste,
aber bislang auch leistungsschwächste der Auswahl. Deshalb muss
und soll es vor der Auslieferung noch technisch aufgerüstet
werden. Das bringt die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei und
ehemalige Jetpiloten unter den Schweizer Parlamentariern in Rage. Diese
Version des Gripen existiere bisher nur auf dem Papier, bemängeln
die SVP-Abgeordneten Roland Borer und Thomas Hurter, die Schweiz
müsse sogar die Entwicklung noch mitfinanzieren, bevor das
Kampfflugzeug 2015 eingeführt werden könne.
Bei der Baseler Zeitung tauchten geheime Auswertungsberichte
auf. Demnach wurde „die Leistung des Gripen“ bei
„Luft-Luft-Einsätzen sowie Angriffseinsätzen als
ungenügend beurteilt“. „Die Rafale ist das einzige
Flugzeug, welches die Anforderungen der Luftwaffe in allen Einsatzarten
erfüllt hat.“
Der Eurofighter war also nur dritte Wahl – ein schwerer
Schlag für die EADS-Rüstungssparte Cassidian. Sie hatte sich
intensiv um den Auftrag bemüht. Der Eurofighter ist zwar
leistungsfähiger als der Gripen, aber auch deutlich teurer. Rund 4
Milliarden Schweizer Franken soll Cassidian verlangt haben.
Die Niederlage trifft auch die Bundesregierung. Sie hatte EADS
bei den Exportbemühungen aktiv unterstützt. Die Bundeswehr
stellte Flugzeuge und Personal für die Schweizer Erprobung zur
Verfügung. Der Konzern musste nur einen Teil der anfallenden
Kosten erstatten.
Woher das Geld für die Gripen kommen soll, ist weiterhin
unklar. Im Herbst 2009 beantragte der Schweizer Verteidigungsminister
Ueli Maurer, die Anschaffung vorerst gar nicht zu realisieren. Schon
damals fehlten ihm jene 2,2 Milliarden Franken, die er für 22 neue
Jets kalkuliert hatte. Nunmehr ist klar, dass selbst die
günstigste Beschaffungsvariante mehr als 3 Milliarden kosten wird.
Im Schweizer Armeehaushalt sind noch keine Mittel eingestellt.
Möglicherweise ist das letzte Wort jedoch noch nicht
gesprochen. Manch Schweizer Beobachter glaubt, die umstrittene Wahl des
Gripen könne dazu führen, dass die Beschaffung neuer
Kampfjets im Parlament gleich ganz gekippt wird. Für den Fall,
dass das nicht passiert, erwägen die Grünen und die Gruppe
„Schweiz ohne Armee“, im Frühjahr eine Volksabstimmung
darüber durchzusetzen, ob die Schweiz überhaupt neue
Kampfflugzeuge braucht. Für den Kampf um die Köpfe der
Schweizer Bürger hätte Saab mit seiner Anzeigenkampagne dann
schon einmal geübt.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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