TAZ
08. Dezember 2011


Eurofighter kann in der Schweiz nicht landen

Otfried Nassauer


Ein Schweizer Taschenmesser in Blau mit drei gelben Schwedenkronen. Ein Elch mit Kuhglocke oder ein Wikingerhelm mit Appenzeller Ornamenten, dazu der Spruch: „Schweiz und Schweden – eine logische Partnerschaft“: Der schwedische Rüstungskonzern Saab hat sich etwas einfallen lassen, um in Schweizer Tageszeitungen für sein Kampfflugzeug Gripen zu werben. Das könnte sich gelohnt haben. Die Schweizer Regierung und ihre Beschaffungsbehörde Armasuisse wollen 22 Jets bestellen. Der Auftrag hat einen Wert von mehr als 3 Milliarden Franken. Ausgestochen haben die Skandinavier damit sowohl die französische Rafale als vor allem auch den unter Führung Deutschlands angebotenen Eurofighter.

Das Modell Gripen ist das kleinste und kostengünstigste, aber bislang auch leistungsschwächste der Auswahl. Deshalb muss und soll es vor der Auslieferung noch technisch aufgerüstet werden. Das bringt die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei und ehemalige Jetpiloten unter den Schweizer Parlamentariern in Rage. Diese Version des Gripen existiere bisher nur auf dem Papier, bemängeln die SVP-Abgeordneten Roland Borer und Thomas Hurter, die Schweiz müsse sogar die Entwicklung noch mitfinanzieren, bevor das Kampfflugzeug 2015 eingeführt werden könne.

Bei der Baseler Zeitung tauchten geheime Auswertungsberichte auf. Demnach wurde „die Leistung des Gripen“ bei „Luft-Luft-Einsätzen sowie Angriffseinsätzen als ungenügend beurteilt“. „Die Rafale ist das einzige Flugzeug, welches die Anforderungen der Luftwaffe in allen Einsatzarten erfüllt hat.“

Der Eurofighter war also nur dritte Wahl – ein schwerer Schlag für die EADS-Rüstungssparte Cassidian. Sie hatte sich intensiv um den Auftrag bemüht. Der Eurofighter ist zwar leistungsfähiger als der Gripen, aber auch deutlich teurer. Rund 4 Milliarden Schweizer Franken soll Cassidian verlangt haben.

Die Niederlage trifft auch die Bundesregierung. Sie hatte EADS bei den Exportbemühungen aktiv unterstützt. Die Bundeswehr stellte Flugzeuge und Personal für die Schweizer Erprobung zur Verfügung. Der Konzern musste nur einen Teil der anfallenden Kosten erstatten.

Woher das Geld für die Gripen kommen soll, ist weiterhin unklar. Im Herbst 2009 beantragte der Schweizer Verteidigungsminister Ueli Maurer, die Anschaffung vorerst gar nicht zu realisieren. Schon damals fehlten ihm jene 2,2 Milliarden Franken, die er für 22 neue Jets kalkuliert hatte. Nunmehr ist klar, dass selbst die günstigste Beschaffungsvariante mehr als 3 Milliarden kosten wird. Im Schweizer Armeehaushalt sind noch keine Mittel eingestellt.

Möglicherweise ist das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen. Manch Schweizer Beobachter glaubt, die umstrittene Wahl des Gripen könne dazu führen, dass die Beschaffung neuer Kampfjets im Parlament gleich ganz gekippt wird. Für den Fall, dass das nicht passiert, erwägen die Grünen und die Gruppe „Schweiz ohne Armee“, im Frühjahr eine Volksabstimmung darüber durchzusetzen, ob die Schweiz überhaupt neue Kampfflugzeuge braucht. Für den Kampf um die Köpfe der Schweizer Bürger hätte Saab mit seiner Anzeigenkampagne dann schon einmal geübt.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS