Interview zur nuklearen Teilhabe
Interview mit Otfried Nassauer
Nach Berichten über Mängel in den US-Lagern in Deutschland verlangt die
Opposition den Abzug aller Atomwaffen. Wir sprachen darüber mit Otfried Nassauer vom
Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS):
Menner (Münchener Merkur): Wie sicher sind die Atomwaffen in Deutschland
gelagert?
Nassauer: Die US-Luftwaffe hat festgestellt, dass es Sicherheitsprobleme
gibt, die Sicherheit aber nicht grundsätzlich gefährdet ist.
Es ging um reparaturbedürftige Zäune, Beleuchtungseinrichtungen
und Gebäude, und um Dinge, die sich aus einer unterschiedlichen Sicherheitskultur
ableiten. Für die USA stellt es zum Beispiel ein Sicherheitsrisiko
dar, wenn Wehrpflichtige oder Gewerkschaftsmitglieder Atomwaffen bewachen.
Europäer sehen das anders.
Menner: Ist es theoretisch vorstellbar, dass Terroristen Zugriff auf
diese Waffen bekommen könnten?
Nassauer: Als die Unterflur-Magazine in Büchel (Rheinland-Pfalz)
Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre angelegt wurden, in denen die
Atomwaffen lagern, wurden sie so konzipiert, dass sie einem Feuer oder
einem terroristischen Angriff für mindestens 30 Minuten standhalten
sollten. US-Wacheinheiten üben auch für eine eventuelle Rückeroberung
der Waffen. Das ist ein unwahrscheinliches Szenario – es kommt auch so
nicht in dem Bericht vor.
Menner: Ist Büchel der einzige Lagerort für US-Atomwaffen
in Deutschland?
Nassauer: Ja. In Büchel lagern 10 bis 20 Atombomben. Früher
waren auch in Ramstein ca 130 US-Atomwaffen gelagert, aber die wurden
2004 in die USA verlegt. In Europa bestehen noch Atomdepots in Italien,
Großbritannien, der Türkei, Holland und Belgien.
Menner: Machen diese Atomwaffen in Deutschland nach dem Ende des Kalten
Krieges überhaupt noch Sinn?
Nassauer: Nein - weder militärisch noch politisch. Militärisch
nicht, weil es keine Ziele gibt, gegen die man sie theoretisch einsetzen
könnte. Und politisch nicht, weil die Hauptargumente, warum man sie
brauchte, heute nicht mehr greifen. Wenn das Argument, wir müssen
mitmachen, um mitentscheiden zu können, noch gelten würde, hätte
die Nato Mitglieder mit unterschiedlichen Sicherheitsgarantien. Die meisten
Nato-Länder haben keine Atomwaffen auf ihrem Gebiet und sind deswegen
nicht unsicherer. Wenn diese Atomwaffen nötig wären um Amerika
mit Europa zu verkoppeln, würde das bedeuten, dass die Nato zerrissen
ist und die Europäer an Amerikas Abschreckungsgarantie zweifeln.
Und schließlich das Argument des Unions-Außenpolitikers
Eckart von Klaeden: Wir benötigen Atomwaffen, um künftig von
einem atomar gerüsteten Iran nicht erpresst werden zu können:
Was für ein mangelndes Selbstbewusstsein müsste die Bundesrepublik
haben, um auf so einen Gedanken kommt? Wie wenig vertraut er den USA?
Diese Waffen machen Deutschland doch nicht zu einer Quasi-Atommacht.
Die NATO verfügt außerdem über weitere Atomwaffen -
strategische Atomwaffen auf US- und britischen U-Booten. Die Abschreckung
ist also auch nach einem Abzug weiter gegeben.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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