"Die Motive liegen in den Interessen der Rüstungsindustrie"
Interview mit Otfried Nassauer
US-Präsident George W. Bush will die USA langfristig auf massive Militärhilfen
für befreundete Staaten im Nahen Osten festlegen. Deshalb ist tatsächlich damit zu
rechnen, dass sich der Rüstungswettlauf in der Region verstärkt. Das Programm soll ja
über zehn Jahre laufen. Neu ist das allerdings nicht. Washington hat seine Partner im
Nahen Osten immer wieder massiv aufgerüstet.
Um welche Waffen geht es jetzt?
Nassauer: Unter anderem scheinbar um HighTech-Waffen, etwa Präzisionswaffen.
Allerdings ist noch nicht klar, welche Waffen in die Unterstützungspakete hineingepackt
werden. Historisch gesehen hat Israel meist bekommen, was es wollte. Es lebt von
Rüstungshilfe der USA. Auch die Wünsche von Saudi-Arabien werden häufig erfüllt, weil
es gut zahlt. Wenn Israel etwas bekommt, muss auch Ägypten bedient werden. Diese Waffen
können offensiv und defensiv genutzt werden.
Welche Rolle spielt bei dem Rüstungsgeschäft das iranische
Atomprogramm?
Nassauer: Das Atomprogramm und die Politik der Regionalmacht Iran sind eine
willkommener Anlass, um solche Exporte zu rechtfertigen. Die eigentlichen Motive liegen
aber in den Interessen der US-Politik und der Rüstungsindustrie, die dort viel Geld
verdienen kann.
Wird nicht dem iranischen Regime ein passender Vorwand geliefert, um
selbst weiter aufzurüsten?
Nassauer: Der Iran kann so argumentieren und er wird wohl so argumentieren.
Teheran wird versuchen, seine guten Beziehungen zur russischen Rüstungsindustrie zu
nutzen und dort moderne konventionelle Waffen zu kaufen.
Welchen Stellenwert hat der Nahe Osten für die amerikanische
Rüstungsindustrie?
Nassauer: Die Region war lange Jahre das wichtigste Absatzgebiet für die
US-Rüstungsindustrie. Das gilt übrigens auch für manche europäische Staaten. Mit den
Ölstaaten sitzen in der Region relativ reiche Regierungen und es gibt in den westlichen
Industrieländern ein starkes Interesse, von diesem Reichtum zu profitieren. Dabei wird
auf die Stabilität der Region wenig Rücksicht genommen. Die Geschäfte mit den
Ölstaaten liegen meist deutlich über den Marktpreisen, weil beide Seiten auch prima an
der Korruption verdienen, die dort als völlig normal betrachtet wird.
In Staaten wie Ägypten und Saudi-Arabien gibt es Widerstand gegen eine
zu enge Anlehnung an die USA. Wie passt das zu den Rüstungsgeschäften?
Nassauer: Die örtlichen Regierungen, besonders in Saudi-Arabien, versuchen sich
seit Jahrzehnten gegen Vorwürfe abzusichern, zu eng mit den Amerikanern
zusammenzuarbeiten, indem sie auch umfangreiche Geschäfte mit anderen westlichen Staaten
abschließen. Die Regierung von Saudi-Arabien hat zum Beispiel 72 Eurofighter-Flugzeuge in
Großbritannien gekauft auch dabei gibts allerdings einen massiven
Korruptionsverdacht. Überall im Westen wird versucht, so viel Petrodollars wie möglich
in das eigene Land zurückzuholen.
Das Interview führte Fabian Leber. |
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
|