Riskante Resteverwertung – Schützenpanzer
für Ägypten
von Otfried Nassauer
Die Bundesregierung hat offenbar einer Lieferung von
Schützenpanzern des Typs BMP 1 aus Griechenland nach
Ägypten zugestimmt. Das ergibt sich aus der
jährlichen Meldung Griechenlands an das UN-Waffenregister.
Griechenland teilte mit, es habe im vergangenen Jahre 101 dieser
ehemaligen NVA-Panzer an Ägypten verkauft und
ausgeführt. Kairo hat über seine Waffenexporte und
-importe zuletzt 1992 an die UNO berichtet. Seither verschweigt das
Land am Nil seinen Beitrag zum internationalen Waffenhandel. Aus Kairo
ist deshalb keine Bestätigung zu erwarten.
Die Streitkräfte Ägyptens nutzen
Schützenpanzer des Typs BMP1 bereits seit den 1960er und
1970er Jahren, sind also bestens mit diesem Waffentyp vertraut. Die
Fahrzeuge aus Griechenland ergänzen vorhandene
Bestände und machen keine neuen Wartungseinrichtungen
erforderlich.
Griechenland erhielt bis 1994 aus
Beständen der Nationalen Volksarmee insgesamt 501
dieser Kettenfahrzeuge sowjetischer Bauart. Sie sind mit einer
73mm-Kanone bewaffnet und erhielten in Griechenland zusätzlich
schwere Browning-Maschinengewehre. Die Abgabe dieser NVA-Fahrzeuge an
Griechenland erleichterte es der Bundesrepublik damals, die
zulässigen Obergrenzen für schwere Waffen im Rahmen
des Vertrages über Konventionelle Streitkräfte in
Europa kostengünstig einzuhalten. Nach der Vereinigung der
beiden deutschen Staaten wurden Tausende schwerer Waffensysteme, die
die DDR besessen hatte, der Bundesrepublik zusätzlich
zugerechnet. Man hätte die Fahrzeuge sonst verschrotten
müssen.
Die Zustimmung der Bundesregierung zu einem Reexport der
Schützenpanzer nach Ägypten muss jedoch aus
unterschiedlichen Gründen als problematisch betrachtet werden.
Einerseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass das
autoritäre Regime in Kairo die Fahrzeuge zur Repression im
Inneren einsetzt. Andererseits hat sich Präsident Abdel Fatah
al Sisi erst kürzlich vom ägyptischen Parlament einen
Freibrief ausstellen lassen, der es ihm
erlaubt, mit ägyptischen Truppen in den Bürgerkrieg
im benachbarten Libyen einzugreifen. Schließlich
kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ägypten das
Waffenembargo für Libyen ignoriert und solche Panzer an den
von Kairo unterstützten libyschen Rebellengeneral Haftar
weitergibt.
Kairo hat es mit den deutschen Reexportregelungen auch
in der Vergangenheit nicht immer so genau genommen. Schon vor Jahren
musste die Bundesregierung überrascht zur Kenntnis nehmen,
dass Ägypten, damals noch unter Präsident Husni
Mubarak, eine deutsche Lieferung von mehr als 600 Heckler &
Koch-Sturmgewehre vom Typ G36 an Libyens Diktator Gaddafi weitergegeben
hatte ohne zuvor mit Berlin die vereinbarte Rücksprache zu
nehmen.
Es ist allerdings auch nicht das erste Mal, dass
Griechenland einen Teil seiner Erbschaft aus den NVA-Beständen
an andere Länder weitergibt. Bereits 2005 und 2006 holte sich Athen das
Berliner Plazet für einen ähnlichen Reexport. Damals
durfte der Irak 100 Schützenpanzer vom Typ BMP1 von Athen
übernehmen.
Die unkritische Haltung Berlins zu dem aktuellen
Reexport-Ansinnen Griechenlands könnte auch mit den
wirtschaftlichen Interessen Deutschlands zu tun haben. Ägypten
gehört seit einigen Jahren wieder zu den Großkunden
deutscher Rüstungstechnik. Vier U-Boote der modernisierten
Klasse 209/1400 samt Torpedos, vier Fregatten vom Typ MEKO A200 und
sieben moderne Luftverteidigungssysteme vom Typ IRIS-T-SLM sowie
etliche kleinere Bestellungen stellen ein Auftragsvolumen von rund drei
Milliarden Euro dar. Guten Kunden schlägt man bekanntlich
kleine Zusatzwünsche nur ungern ab. Schon gar nicht, wenn kaum
Gefahr besteht, dass die eigene Rolle publik wird und zu
öffentlicher Kritik führt.
ist
freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum
für Transatlantische Sicherheit - BITS
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