Originalbeitrag
09. August 2020


Riskante Resteverwertung – Schützenpanzer für Ägypten

von Otfried Nassauer


Die Bundesregierung hat offenbar einer Lieferung von Schützenpanzern des Typs BMP 1 aus Griechenland nach Ägypten zugestimmt. Das ergibt sich aus der jährlichen Meldung Griechenlands an das UN-Waffenregister. Griechenland teilte mit, es habe im vergangenen Jahre 101 dieser ehemaligen NVA-Panzer an Ägypten verkauft und ausgeführt. Kairo hat über seine Waffenexporte und -importe zuletzt 1992 an die UNO berichtet. Seither verschweigt das Land am Nil seinen Beitrag zum internationalen Waffenhandel. Aus Kairo ist deshalb keine Bestätigung zu erwarten.

Die Streitkräfte Ägyptens nutzen Schützenpanzer des Typs BMP1 bereits seit den 1960er und 1970er Jahren, sind also bestens mit diesem Waffentyp vertraut. Die Fahrzeuge aus Griechenland ergänzen vorhandene Bestände und machen keine neuen Wartungseinrichtungen erforderlich.

Griechenland erhielt bis 1994 aus Beständen der Nationalen Volksarmee insgesamt 501 dieser Kettenfahrzeuge sowjetischer Bauart. Sie sind mit einer 73mm-Kanone bewaffnet und erhielten in Griechenland zusätzlich schwere Browning-Maschinengewehre. Die Abgabe dieser NVA-Fahrzeuge an Griechenland erleichterte es der Bundesrepublik damals, die zulässigen Obergrenzen für schwere Waffen im Rahmen des Vertrages über Konventionelle Streitkräfte in Europa kostengünstig einzuhalten. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wurden Tausende schwerer Waffensysteme, die die DDR besessen hatte, der Bundesrepublik zusätzlich zugerechnet. Man hätte die Fahrzeuge sonst verschrotten müssen.

Die Zustimmung der Bundesregierung zu einem Reexport der Schützenpanzer nach Ägypten muss jedoch aus unterschiedlichen Gründen als problematisch betrachtet werden. Einerseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass das autoritäre Regime in Kairo die Fahrzeuge zur Repression im Inneren einsetzt. Andererseits hat sich Präsident Abdel Fatah al Sisi erst kürzlich vom ägyptischen Parlament einen Freibrief ausstellen lassen, der es ihm erlaubt, mit ägyptischen Truppen in den Bürgerkrieg im benachbarten Libyen einzugreifen. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ägypten das Waffenembargo für Libyen ignoriert und solche Panzer an den von Kairo unterstützten libyschen Rebellengeneral Haftar weitergibt. 

Kairo hat es mit den deutschen Reexportregelungen auch in der Vergangenheit nicht immer so genau genommen. Schon vor Jahren musste die Bundesregierung überrascht zur Kenntnis nehmen, dass Ägypten, damals noch unter Präsident Husni Mubarak, eine deutsche Lieferung von mehr als 600 Heckler & Koch-Sturmgewehre vom Typ G36 an Libyens Diktator Gaddafi weitergegeben hatte ohne zuvor mit Berlin die vereinbarte Rücksprache zu nehmen.

Es ist allerdings auch nicht das erste Mal, dass Griechenland einen Teil seiner Erbschaft aus den NVA-Beständen an andere Länder weitergibt. Bereits 2005 und 2006 holte sich Athen das Berliner Plazet für einen ähnlichen Reexport. Damals durfte der Irak 100 Schützenpanzer vom Typ BMP1 von Athen übernehmen. 

Die unkritische Haltung Berlins zu dem aktuellen Reexport-Ansinnen Griechenlands könnte auch mit den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands zu tun haben. Ägypten gehört seit einigen Jahren wieder zu den Großkunden deutscher Rüstungstechnik. Vier U-Boote der modernisierten Klasse 209/1400 samt Torpedos, vier Fregatten vom Typ MEKO A200 und sieben moderne Luftverteidigungssysteme vom Typ IRIS-T-SLM sowie etliche kleinere Bestellungen stellen ein Auftragsvolumen von rund drei Milliarden Euro dar. Guten Kunden schlägt man bekanntlich kleine Zusatzwünsche nur ungern ab. Schon gar nicht, wenn kaum Gefahr besteht, dass die eigene Rolle publik wird und zu öffentlicher Kritik führt.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS